Im Jahre 1903 in einem Schuppen gegründet, hat sich Harley-Davidson innerhalb weniger Jahre zu einem erfolgreichen Motorradproduzenten entwickelt. Eine rasch wachsende Kundschaft verlangt zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Mobilität – und bald nach mehr Leistung.
Die vier PS aus dem 440 Kubikzentimeter großen Einzylinder der ersten Harley-Modelle sind da bald nicht mehr genug. Das ist auch William »Bill« Harley, dem technischen Leiter der jungen Firma, bewusst. In mehrjähriger Arbeit entwickelt der Tüftler einen Zweizylindermotor mit einem Brennraumvolumen von 811 Kubikzentimetern. Die Zylinder stehen in einem Winkel von 45 Grad zueinander, und die Pleuel übertragen die Kraft auf einem gemeinsamen Hubzapfen der Kurbelwelle.
1909 geht der neue Motor im Modell 5-D in Serie. Sieben Pferdestärken leistet der Twin, die die Maschine auf 100 Stundenkilometer beschleunigen. Angesichts einer Rücktrittbremse als einziger Verzögerungsmöglichkeit, ungefedertem Hinterrad und schlechter Straßenverhältnisse ein halsbrecherisches Tempo.
Stellte der Zweizylinder fraglos eine bedeutende Innovation für Harley-Davidson dar, krankte das Aggregat zunächst noch an Kinderkrankheiten. Besonders viel Ärger machten die sogenannten »Schnüffelventile«, Einlassventile, die durch den Unterdruck im Zylinder geöffnet wurden. Sie erschwerten den Startvorgang und bescherten dem Twin einen unsauberen Lauf. Auch der Antriebsriemen ans Hinterrad erweist sich der gestiegenen Motorleistung als nicht gewachsen.
Bill Harley will das nicht auf sich sitzen lassen. Kurzerhand wird die Twin-Produktion für ein Jahr ausgesetzt, um Zeit für eine Überarbeitung zu bekommen. Im Jahr 1911 geht schließlich der gründlich verbesserte V2 an den Start. Er verfügt über mechanisch gesteuerte Ventile sowie einen neuen Hinterradantrieb mit Kupplungsmechanismus. Auch das Chassis wird deutlich verstärkt, um der Leistung Paroli zu bieten.
Das Grundprinzip des Antriebs – zwei Zylinder im 45-Grad-Winkel und Gabelpleuel – ist bis heute stilbildendes Merkmal für die meisten Harley-Davidson-Motoren, wie sie bei den Modellen Sportster und Softail sowie der Touring-Baureihe zum Einsatz kommen.
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