Die Zukunft der Intermot

Mein letzter Speedlog vom 10. Oktober unter der Überschrift „Intermot in my mind“ hat in den sozialen Netzwerken, vor allem auf Facebook und LinkedIn ein lebhaftes Echo ausgelöst. Ich erntete viel Zustimmung für meine unter dem Strich positive Bilanz der Intermot 2022, musste aber auch viel Kritik einstecken. Genau das ist der Zweck meiner Gedanken im Online-Tagebuch: Konstruktive Diskussionen auslösen. Danke für alle Anregungen, Ideen und Analysen!

Ich möchte an dieser Stelle die wichtigsten Argumente einiger Intermot-Kommentatoren wiedergeben.  

Markus Marschalek (Projects & Digitalization): 

„Die Veranstalter haben das Beste aus der Situation gemacht. Weil weniger anzuschauen war, konnte das Programm intensiver ausgekostet werden. Auch habe ich mehr Leute getroffen als sonst. Dass die Lücken Anbieter aus der zweiten Reihe füllten, war auffällig. Der ein oder andere „Wechselwähler“ ist sicher weg. Hoffentlich bereuen das die Etablierten nicht. Aufgrund einer Onlinepräsentation kaufe ich kein Motorrad. Jetzt bin ich auf die Eicma in Mailand gespannt. Und wenn sich beide Messen endlich mal über ihren Turnus einig werden und weniger Konkurrenz machen, freut das sicher viele Aussteller. Dann kommen wieder alle, es gibt wieder mehr Besucher und Deutschland behält seinen internationalen Motorradmesse-Standort.“

Andreas Gehrke (GMS Motorsport GmbH): 

„Das sehe ich anders: Ich würde diese Ausstellung nicht mehr als „Leitmesse“ titulieren. Das ist sie längst nicht mehr, bzw. regional wohl schon, mehr aber nicht. Viele Besucher klagten über die heftigen Preise für Eintritt und Verpflegung. Das kommt in deinem Fazit leider nicht vor. Händler und Kollegen konnte man tatsächlich reichlich antreffen, und schon aus der Entfernung erkennen, weil so viel Platz vorhanden war. Die große Zeit der Intermot ist wohl in der Vergangenheit zu finden. Ich befürchte, so wird das nix mehr mit der Intermot in groß. Irgendwie sehr schade.“

Axel Studte (Held GmbH): 

„Das ist doch keine ernstzunehmende Fragestellung, wenn man eine Antwortoption derart negativ formuliert und vorverurteilt. Man kann doch Kritik nicht pauschal als Bashing verurteilen, sondern man muss sich ihr stellen. Nur weil die Messe vor zehn Jahren in dem Format und zu diesem Zeitpunkt gut war, muss sie das ja heute nicht auch sein. Aussteller- und Besucherzahlen haben ja ein klares Votum abgegeben, mit dem sich die Motorradwelt und allen voran der IVM jetzt beschäftigen muss. Da bringt auch keine schöngemalte Abschlusserklärung etwas.“

Klaus Wagner (Wagner Beratungsgesellschaft mbH):  

„Lieber Stephan, ich kann dir nur zustimmen.“

Thomas Schwarz (O’Neal): 

„Ich kann ihr Statement nicht nachvollziehen: bin Dienstagmittag angekommen, 1,5 Tage geplant. Um 14 Uhr kommen mir viele Menschen entgegen und meine erste Vermutung: Außenveranstaltung. In Halle 7 angekommen trifft mich der Schlag: 2/3 gefüllt, riesige Gänge, wenig Besucher. Egal mit wem ich gesprochen habe – Kondolenzbekundungen. Nach einer Stunde war ich durch. Ein paar Gespräche geführt, keinen unserer Kunden gesehen. Als Verbraucher hätte ich mein Geld zurückverlangt. Ich besuche die Intermot (IFMA) seit 1981. Das war nicht einmal auf dem Niveau einer der Regionalmessen. Eine Messe braucht Aussteller, volle Hallen, relevante Neuigkeiten, Aura. Das alles gab es viel zu wenig. Auch wir haben nicht ausgestellt, weil wir schon vor Jahren so wenig Händlerfrequenz hatten, gerade im Vergleich zur Eurobike, dass die Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen standen. Und auch die Eurobike ist nur noch ein Schatten von der Bedeutung, die sie einmal hatte. Messen von physischen Konsumgütern sterben, Consumer-Electronics vielleicht ausgenommen. Dieser Trend ist seit ca. 10 Jahren da und macht auch vor unsere Branche nicht halt. Wie 500 Aussteller gezählt wurden, bleibt ein Geheimnis: im Web gab es 13 Seiten à 20 Aussteller = 260.“

Martin Menzel (Ebay Deutschland): 

„Ich teile diese Einschätzung. Ich war das erste Mal in offizieller Aufgabe für Ebay Deutschland unterwegs und habe 1,5 Tage zur Bewältigung meiner Termine und Gespräche benötigt. Nebenher gab es viele interessante Informationen und im Großen und Ganzen aufgeschlossenes und interessiertes Personal auf den Ständen. Ich verstehe, wer vorrangig Motorräder der Volumenmarken sehen wollte, war vielleicht enttäuscht, der Ort und die Aufstellung für Fachgespräche absolut wiederholenswert.“

Karlheinz Vetter (Besucher): 

„Sorry, aber blendet ihr die Wertungen der Besucher komplett aus? Die Urteile sind niederschmetternd und sollten zum Nachdenken statt zum Hochjubeln anregen. Aber man kann natürlich auch aus einem Absturz eine Pirouette machen. Aber so weiterzumachen wird nicht funktionieren.“

Rick Lovag (Rennleitung#110): 

„Ich bedauere vor allem, dass ich Stephan Maderner nicht persönlich getroffen habe. Aber ansonsten hinterlässt die diesjährige Intermot auch bei mir ein zwiespältiges Gefühl. Dieses „Triff die Branche“ war definitiv der Mehrwert. Aber als langjähriger Besucher sehe ich die Messe natürlich auch mit anderen Augen.
Seit 1998 besuche ich regelmäßig die Koelnmesse und in den meisten Jahren war es ein Spektakel. Motorradenthusiasten kamen nach Deutz, um die Neuheiten der nächsten Saison zu bestaunen und wir fuhren mit Taschen voller Prospekte und dem Kopf voller Träume zurück. Das kommt nicht mehr zurück – das Internet hat uns so viel Aktualität geschenkt aber uns dieser Spannung beraubt. Und ich verstehe auch die Hersteller, die frei von einem Messezeitplan und ohne die immensen Kosten, die sicher jedem gewerblichen Aussteller Mühe bereiten, ihrer Neuheiten online präsentieren.
Ganz ehrlich: Dass BMW seine Neuheiten unmittelbar vor und nach der Messe präsentierte, fand ich schon fast verräterisch aus einem nationalen Gesichtspunkt, aber unternehmerisch nachvollziehbar. 
Wir als Rennleitung#110 hatten es immer gut auf der Intermot Köln, daher bin ich auch sehr dankbar.
Vielleicht muss sich die Messe wirklich neu erfinden. Ich vermisse die alte Intermot. Aber ich würde mich auf eine neue Intermot freuen.“

Soweit das Echo aus Köln. Alle ernsthaft an einer Zukunft der Intermot interessierten Zweiradprofis sollten daraus ihre Schlüsse ziehen und sich für eine modifizierte und modernisierte Messe einsetzen. Das kann man freilich nur, wenn man sich einen Auftritt leisten kann und es sich am Ende lohnt. Wir werden sehen, ob die Zweirad-Traumfabrik in Köln vom 1. bis zum 6. Oktober 2024 fröhlich Urständ feiert oder Messen „alten Schlages“ schließlich zu Grabe getragen werden.

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