Die zwei Seiten der Motorradmessen-Medaille

Nur noch die Dortmunder Motorradmesse steht diese Woche an. Die anderen Frühjahrs-Regionalmessen in Friedrichshafen, Leipzig, Hamburg oder München liegen schon hinter uns. Die professionelle Szene diskutiert bereits leidenschaftlich über das Zukunftskonzept und die Relevanz solcher Events.

Der Grund für die kontroverse Debatte, die man auch im Speedlog „Emotion contra bunte Filmchen im Netz“ vom 13. Februar nachlesen konnte: Während die Messemacher weiter von ihrem Format überzeugt sind und auch die Bikefans in Scharen in die Hallen strömen, brandet dennoch Kritik auf. Denn immer mehr Aussteller, gleich ob aus der Zubehörindustrie oder wichtiger Motorradmarken, kehren Motorradmessen den Rücken. Ihre Argumente: Nicht mehr zeitgemäß, zu teuer und zu ineffizient. Mit dem Fehlen wichtiger Anbieter schürt man natürlich den Frust der Kunden. Sie stellen manchmal erst vor Ort fest, dass wichtige Messeplayer fehlen, ärgern sich danach zurecht, weil die hohen Ticketpreise die Lücken im Angebot nicht mehr rechtfertigen – und fühlen sich verschaukelt.

Kürzlich schickte mir Daniel Haller, Geschäftsführer des Bekleidungsfachhändlers Motorradland Bodensee in Meckenbeuren, langjähriger und bis vor Corona treuer Aussteller der Messe Motorradwelt Bodensee, folgenden Leserbrief zur Thematik. Mit Erlaubnis des Autors drucke ich seine kritischen Thesen ab:

„Hallo Stephan, wir waren das erste Mal, seit es die Messe gibt, nicht mehr auf dieser. Meine Gedanken dazu:

Von der Messe wurde uns vor der Coronazeit immer mehr signalisiert – natürlich seid ihr willkommen und ihr dürft auch alle Wünsche und Anregungen äußern. Allerdings ist euer Platz ganz klar hinter den Motorradherstellern. Das bedeutet speziell für uns, dass wir 2018 unseren Stammplatz an Aprilia verloren haben, den wir seit Bestehen der neuen Messe immer belegt hatten. Hier sprechen wir von rund 280 Quadratmetern. In einem Meeting hat man uns das mitgeteilt, bei dem wir wählen konnten, ob wir 20 Meter weiter hinten links oder rechts in der Halle platziert werden wollten? Weitere Diskussionen um den Standplatz waren nicht erwünscht. Sonst müsse man leider auf uns verzichten, hieß es.

2023 hätte unser Stand gegenüber 2019 das doppelte gekostet – das heißt, ich hätte mindestens den Samstag nur für die Miete gearbeitet ohne einen Verdienst. Die drei Tage Standmiete sind teurer als unser Ladengeschäft in vier Monaten. Dazu kommen Kosten für den Teppich inklusive verlegen, die Medienpauschale, zusätzliche Ausstellerausweise, Parkplätze an den Hallen, die Abfallentsorgung, AUMA-Beitrag, Strom und der Internetzugang. Allein diese Kosten belaufen sich auf über 2700 Euro netto.

In diesem Jahr wurden wir von einer beispiellosen Krankheitswelle heimgesucht, bis heute sind Mitarbeiter abwechselnd krank – selbst mich hat es vor der Messe erwischt.

Die Work-Life-Balance ist für die Mitarbeiter inzwischen so wichtig, dass uns die Industrie und Pharmakonzerne in der Region andauernd die Mitarbeiter abwerben. Mit dem Verdienst, der dort gezahlt wird und den dort gewährten Urlaubszeiten können wir nicht mithalten. Außerdem  wie sollen wir die Überstunden kompensieren? Geld will keiner ausbezahlt haben. Keiner hat Lust auf Sonntagsarbeit usw. Ich weiß nicht mehr, woher ich die Leute nehmen soll.

Wenn ich auf die Messe gegangen wäre, hätte das bedeutet, dass unser Ladengeschäft zwei Wochen vor und nach der Messe so gut wie steht. Ganz von der defekten Ware abgesehen, die wir immer nach der Messe zu beklagen hatten.

Es ist zu befürchten, dass durch die vielen negativen Rezessionen der Besucher – siehe auch Google – 2024 sicherlich 10.000 Besucher weniger kommen. Der Ruf ist im Keller.

In diesem Jahr gab es viele enttäuschte Messebesucher, die nach ca. zwei Stunden mit der Messe „durch“ gewesen waren und hernach bei uns im Laden standen – teilweise stinksauer und wir haben es wieder abbekommen.“

Soweit die Meinung von Daniel Haller. Was meinen Sie? Daniel Haller führt nicht von der Hand zu weisende messespezifische Probleme ins Feld. Welche Erfahrungen haben Sie dieses Jahr auf den Regionalmessen gemacht? Und wie bewerten Sie den Themenkomplex Mitarbeiter? Haben auch Sie immer mehr Probleme damit, gutes, gesundes und motiviertes Stammpersonal zu halten und neue Kräfte für Ihren Betrieb zu gewinnen? Was tun? Schreiben Sie mir gerne eine Mail an maderner@syburger.de
 

 

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