Ich drehte eine Feierabendrunde mit meinem diesjährigen Dauertester, der Kawasaki H2 Ninja. Die Sonne lachte vom Himmel, bester Asphalt und ein kraftstrotzender 200-PS-Motor unterm Hintern - was will der Biker mehr? Da tauchte in einem Baustellenabschnitt vor mir plötzlich ein Mercedes-Erlkönig auf, die häufig auf diesem Streckenabschnitt zwischen Würzburg und Stuttgart anzutreffen sind. Beim langsamen Vorbeigleiten an dem Tarnflitzer mit dem Stern erwidert der Autopilot meinen Blick nach rechts in die Fahrerkabine. Seine Augen quittieren den Anblick meiner knallgrünen Kawa mit höchstem Interesse und signalisieren Angriffslust. Schnell wird mir klar, jetzt heißt es gleich Attacke, ein Kraftvergleich der beiden Systeme scheint unausweichlich.
Kneifen gilt nicht, die rechte Gashand macht sich fertig und bereit für den ultimativen Beschleunigungstest. Just am Ende der Baustelle sind wir gleichauf. Ich befinde mich auf der Überholspur und bewundere noch den Flecktarn des Autos, als der vierrädrige Bolide nach vorne zuckt. Schnell mit dem Quick-Shifter zwei Gänger tiefer geschaltet und die unbändig in der Ninja schlummernde Kraft abgerufen. Ab 10.000 Umdrehungen schaltet der Kompressor zu und katapultiert das Bike unfassbar nach vorne – quick and dirty!
Mad Max – das Auto hinter mir – lässt sich so schnell nicht abschütteln und rückt immer näher im Rückspiegel. Schon klar, auf Dauer sind Tempp jenseits der 200 km/h auf dem Mopped nicht nur anstrengend, sondern auch gefährlich. Gleichwohl zeige ich meinem Kontrahenten dann bei 252 Sachen, dass meine Ninja bei diesem Tachostand nicht abriegelt und ich noch Luft nach oben hätte, wenn ich denn wollte. Im Fahrzeugschein ist sie mit 299 km/h verbrieft. Schon naht gottlob die nächste Ausfahrt, ich gehe vom Gas und biege erleichtert auf die Landstraße ab. Die Sprintwertung geht an mich! Auf Dauer hätte mich die Blechkarosse natürlich locker versägt. Lächelnd jagt der Benz-Fahrer an mir vorüber und winkt freundlich zum Abschied.
Da war ein echter Profi am Steuer. Er wollte sich kein verbissenes Wettrennen zwischen Car Guy und Motorradfreak liefern, sondern nur kurz mal seiner Leidenschaft nach Geschwindigkeit freien Lauf lassen. Und ich genoss nach dieser Adrenalinetappe umso mehr das untertourige Dahingleiten durch die vorsommerliche Landschaft. Ich habe den Duft von frisch gemähtem Gras in der Nase und lasse das Licht der untergehenden Sonne in mein Herz. Motorradfahren ist so schön…