Gerade für die Fachwerkstatt führt kein Weg an einer profunden Ausbildung vorbei. Denn am Diagnosegerät oder der Hebebühne braucht man jemanden, der seinen Beruf von der Pike auf gelernt hat. Im Verkauf können schon mal Quereinsteiger zum Einsatz kommen, die vorher nicht die Schulbank drückten.
Auf Bundesebene jedenfalls steigen die Ausbildungszahlen derzeit erfreulicherweise an. Im Fahrradsektor bilanziert der Bundesinnungsverband für das Zweiradhandwerk in Hilden im vergangenen Jahr 1110 neue Ausbildungsverträge, ein Plus von elf Prozent. Traditionell hinkt die Fachrichtung Motorrad hinter den absoluten Zahlen hinterher. Doch bedeuten die 399 neu abgeschlossenen Verträge auch hier ein schönes Plus von neun Prozent.
In der Regel haben die Handwerkskammern bei der Beschulung das Sagen. Sie können aber Innungen damit beauftragen, was bundesweit gängige Praxis ist. Darüber hinaus findet Ausbildung in Berufsschulen statt, das ist Sache der Kultusministerien. Die überbetriebliche Ausbildung findet in den entsprechenden Lehrwerkstätten der BTZ der Handwerkskammern statt.
Wo es Zweiradinnungen gibt (und das sind bundesweit im Vergleich zum Kfz-Sektor leider nicht gerade viele), sollen sie mit den Bildungsträgern zusammenarbeiten und sich fachlich mit ihnen austauschen. Ein leuchtendes Beispiel hierfür ist der Landesinnungsverband Sachsen-Anhalt/Landkreis-Leipzig. Die Innung richtete im Berufsbildungs- und Technologiezentrum (BTZ) in Borsdorf bei Leipzig eine mustergültige Fahrrad- und Motorradlehrwerkstatt ein und stellte zudem mehrere freiberufliche Dozenten für die überbetriebliche Ausbildung.
Zudem baut die Innung gegenwärtig ihre Geschäftsstelle aus. Dort sollen künftig die eigenen Dozenten und die Sachverständigen der Innung ausgebildet werden. Die Sach- und Fachkundeprüfungen sollen dort stattfinden und die Prüfungsvorbereitungen für die Azubis der Innungen.
„Wir könnten im Prinzip mit einem privaten Bildungsträger die überbetriebliche Ausbildung selber anbieten“, sagt Uwe Bönicke. Deshalb habe er Kontakt aufgenommen zum Heinz-Piest-Institut. Es vergibt Fördermittel für überbetriebliche Lehrgänge. Im Rahmen eines Beratungsgesprächs sei ihm bestätigt worden, dass Innungen unter bestimmten Voraussetzungen ÜBL-Kurse anbieten und durchführen können.
Ob dies eine echte Option ist, hängt auch von der Entwicklung in Borsdorf ab. Denn laut Uwe Bönicke bestünden zwischen Innung und BTZ Meinungsverschiedenheiten in der Ausrichtung der Ausbildung an sich. Man sei aber jederzeit dialogbereit.
In den selben Komplex fällt das Thema Prüfungswesen. Es war kein Zufall, dass Bönicke hierzu Julia Schuricht als Referentin eingeladen hatte. Sie ist bei der Handwerkskammer Halle fürs Thema zuständig. Denn auch zur Arbeit des Prüfungsausschusses macht der Verband kritische Anmerkungen. Die höchste Priorität habe die Qualität der Ausbildung und damit die Prüfung selbst. Denn die Anforderungen an Mechatroniker sind durch die Elektromobilität stark gestiegen – in beiden Fachbereichen der Zweiradtechnik.
Wie wichtig das Thema Nachwuchs insgesamt für das Ehrenamt selbst ist, spürt Landesinnungsmeister Bönicke am eigenen Leib. Schließlich plant er, in drei Jahren sein Amt zur Verfügung zu stellen. Auf der Mitgliederversammlung jedenfalls wurden zwei junge Leute neu in den Vorstand gewählt: Daniel Rein, Juniorchef des Motorradgeschäfts Team Rein Motorsport in Allstedt und Florian Franke, Mitinhaber der Bikeschmiede Biesenrode. So hat Ehrenamt Zukunft.