Advanced Rider Assistance Systems (ARAS) sollen dazu beitragen, Kollisionen zwischen Verkehrsteilnehmern zu vermeiden. Hierzu wird mittels Radarsensoren permanent der Abstand zu anderen Fahrzeugen überprüft. Werden definierte Grenzwerte unterschritten, reagiert das System mit Warnhinweisen oder leitet gegebenenfalls eine Vollbremsung ein.
Immer mehr Motorradhersteller nutzen die Technologie in unterschiedlichen Ausbaustufen und statten ihre Topmodelle mit Front- und Heckradar aus. Die Piaggio-Gruppe hat nun ein neuartiges Modul entwickelt, das gleich mehrere ARAS-Funktionen wie Blind Spot Detection (BSD), Lane Change Assist (LCA) und Forward Collision Warning (FCW) mit einem einzigen Sensor ermöglichen soll, der eine Reichweite von über 100 Metern und ein extrem breites Sichtfeld bietet.
Technologie aus der Roboterentwicklung
Die Entwicklung fand bei dem in Boston ansässigen Tochterunternehmen Piaggio Fast Forward (PFF) statt. Bislang befasste sich PFF schwerpunktmäßig mit der Erforschung und Entwicklung der Smart Following Technology für Folgeroboter. Dies sind kleine künstliche Assistenten, die ihren Besitzern selbständig folgen. Fußgänger erhalten damit die Möglichkeit, Lasten von bis zu 40 Kilogramm über weite Distanzen zu transportieren. 2019 wurde das erste kommerzielle Modell »gita« präsentiert.
Im vergangenen Jahr fiel nun die strategische Entscheidung, das gesammelte Know-how auch für den Automotive-Bereich zu nutzen. Die Technologien sollen künftig den Motorradmarken der Piaggio-Gruppe zu Verfügung stehen, aber auch anderen Herstellern angeboten werden.
Ultrahohe Auflösung und totwinkelfreie Überwachung
Für den Einsatz auf dem Feld der Advanced Rider Assistance Systems wurde die vorhandene Technologie an motorradspezifische Anforderungen angepasst. Hierzu zählen die spezifische Skalierung der Abmessungen ebenso wie der Umgang mit großen Neigungswinkeln.
Das neue Modul von PFF ist mit dem mmWave 4D Imaging Radar-on-Chip (RoC) Sensor des israelischen Herstellers Vayyar ausgestattet. Die mit Millimeterwellen arbeitende Radartechnologie unterstützt eine ultrahochauflösende Bildgebung, die eine ganzheitliche Überwachung der Umgebung eines Fahrzeugs ermöglicht. Der Hochleistungssensor verfügt über Single-Chip-4D-Imaging-Radartechnologie, die ein ultraweites Sichtfeld (sowohl in Azimut als auch in Elevation) ohne tote Zonen bietet, und mehrere Ziele erkennen und verfolgen kann.
Das Ziel: Mehr Sicherheit für Motorradfahrer
»Motorradfahrer gehören zu den am stärksten gefährdeten Verkehrsteilnehmern, und dies ist ein großer Schritt nach vorn, um ihr Kollisionsrisiko zu verringern«, sagt Ilan Hayat, Director of Business Development bei Vayyar Imaging. »Unabhängig vom Fahrzeugtyp darf die Sicherheit der Fahrer nicht beeinträchtigt sein, und wir freuen uns, dass wir durch die Partnerschaft mit PFF einen automobilen Sicherheitsstandard für Motorräder schaffen können«, fügte Hayat hinzu.
Roboter mit dem 4D-Radar sollen bereits Ende 2021 ausgeliefert werden, die Marktreife der Automotive-Variante wird voraussichtlich im Laufe kommenden Jahres erreicht.