Verheerender Schlingerkurs der Politik

Unlängst flog mir in meinem Nachrichtenuniversum, welches ich regelmäßig nach interessanten und branchenrelevanten Neuigkeiten abscanne, ein gleichermaßen erhellendes wie alarmierendes Dokument zu. Die Überschrift lautete „Politik Schuld am VW-Desaster“.

Absender war Harald Müller, Geschäftsführer der Bonner Wirtschafts-Akademie (kurz: BWA). Er kommt zu dem Schluss, dass die „desaströse Politik der maximalen Unsicherheit“ in den letzten Jahren ein gerütteltes Maß an Mitschuld an der aktuellen Misere bei Deutschlands größtem Autobauer habe. Die Politik fahre seit vielen Jahren per Schlingerkurs einem Ziel entgegen, das es selbst nicht zu kennen scheint.

Das ist eine schonungslose Anklage an den Politikstil der Neuzeit. Müller macht das an einem Beispiel fest: „Erst wurde der Diesel als umweltschonend angepriesen, dann wurde er beinahe über Nacht zum Schmutzfinken erklärt. Mit immer schärferen Abgasnormen wurde der Autoindustrie die Elektromobilität aufgedrängt und Verbraucher mit Kaufprämien geködert. Als der Köder funktionierte und die Menschen sich zuhauf E-Autos zulegten, waren die Finanzmittel rasch erschöpft und die Förderung wurde von einem Tag auf den anderen abgeschafft. Das führte zum Kaufstopp bei der Kundschaft, wovon sich die Politik einmal mehr überrascht zeigt und prompt eine erneuerte steuerliche Förderung der E-Mobilität in Aussicht stellt.“

Dieses „unsägliche Hin und Her“ in der Politik verunsichere die Industrie und die Verbraucher gleichermaßen und auch das drohende Verbrennerverbot trage nach Müllers Einschätzung zur weiteren Verunsicherung bei, denn bis heute sei völlig offen, ob es in der EU dazu komme oder nicht. Möglicherweise würden Ausnahmen etwa für E-Fuels zugelassen, eventuell könnte das für 2035 geplante Verbot auch zeitlich nach hinten verschoben werden, einzig die Klimaziele scheinen fester zementiert denn je. 

Müller erinnert in seiner schonungslosen Analyse an die jüngste Ankündigung von Mercedes, die Ausgaben für die Verbrennungsmotortechnologie jetzt doch bis weit über die 2030er Jahre hinaus zu verlängern. „Das ist der Versuch, sich aus der industriellen Todeszone zu retten“, analysiert der Wirtschaftsexperte. Er begrüßt, dass sich die Marke mit dem Stern von ihrer ideologie-getriebenen Firmenpolitik verabschiedet hat und in den Chefetagen wieder nüchterner und bodenständiger Realismus einzukehren scheint. 

Nichts gegen den Fortschritt und die Elektromobilität als solche, aber wir sollten die Zukunft technologieoffen gestalten und auf die Kraft des Wettbewerbs in einer funktionierenden Marktwirtschaft setzen; gefördert von einer Bundesregierung, die gute Rahmenbedingungen für Industrie, Handel und Handwerk schafft und ihre wankelmütige Hop-on-hop-off-Politik zu den Akten legt.

Die Automobilindustrie ist nach Einschätzung des Chefs der Bonner Wirtschafts-Akademie leider nicht die einzige Branche, die unter der Planungslosigkeit der Politik leidet und schwer angeschlagen ist. So habe beispielsweise die Chemie-Industrie schon längst die Reißleine gezogen und mit der Produktionsverlagerung ins Ausland begonnen.

Wie ist Eure Meinung dazu? Ist unsere Motorradbranche durch eine ideologiegetriebene Wirtschaftspolitik ebenso gefährdet wie bei den Kollegen Auto oder Chemie? Geht der Wirtschaftsstandort Deutschland den Bach runter? Schon jetzt drohen Wohlstandsverluste durch den massiven Jobabbau in vielen Wirtschaftszweigen – ZF, VW & Co. lassen grüßen. Finden die Bike-Kunden bald schon den Weg in unsere Showrooms nicht mehr, weil’s Geld ausgeht fürs nicht ganz billige Hobby Motorradfahren?

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