Zugpferde der künftig jährlich stattfindenden Intermot waren unter anderem die 125er-Sonderschau auf dem Boulevard, die Creator Lounge als Treffpunkt der jungen Motorradszene und die qualitativ hochwertigen Stände der Hersteller.
Bereits an den ersten beiden Tagen war mächtig was los, auch wenn der Traffic jeweils in den Nachmittagsstunden deutlich nachließ. Viele Händler waren unterwegs und die wichtigsten Entscheider der vertretenen Marken waren vor Ort anzutreffen. Die Gesprächsqualität auf den Ständen war hoch, Fachleute und Zweiradprofis waren in der Lage, ad hoc an den Herstellerständen intensive Gespräche zu führen.
Schmerzlich vermissten die Motorradfans freilich Hersteller Harley-Davidson, KTM, Husqvarna, GasGas, MV Agusta, Piaggio, Vespa, Aprilia, Moto Guzzi oder Kymco, Benelli, CF Moto, Zontes, Voge oder Fantic, die der Messe ferngeblieben waren. Aber unter dem Strich deckte die Intermot bei ihrer Winterpremiere mit BMW, Ducati (mit der einzigen Weltpremiere, der Multistrada V2), Honda, Kawasaki, Royal Enfield, Suzuki, SYM, Triumph, Yamaha, Zero Motorcycles und weiteren Herstellern über 70 Prozent Marktanteil in Deutschland ab.
Besonders ins Auge stach der riesige Yamaha-Stand. Die Marke, die dieses Jahr ihr 60-jähriges Deutschland-Jubiläum beging, glänzte auch durch innovative Info-Boxen, in denen Partnerhändler aus der Region persönlich mit den Kunden in Kontakt treten konnten.
Auch die drei anderen japanischen Marken Honda, Suzuki und Kawasaki fielen durch ihre großzügig dimensionierte Messepräsenz mit ordentlich Personalpower vor Ort auf. Deutschland-Platzhirsch BMW ging dagegen mit einer vergleichsweise bescheidenen Standfläche an den Start, netzwerkte aber mit dem Top-Management und einem hochprofessionell agierenden Team. Interessante neue Angebote hatten auch SWM (Shineray-Gruppe), Horwin (Elektroroller), Karcher (Loncin-ATV) oder Can-Am (Elektromotorräder) mitgebracht.
Wermutstropfen im insgesamt positiven Gesamtbild: Im Zubehörsektor glänzten vor allem Helm-, Bekleidungs- und Zubehörfirmen durch Abwesenheit und Ausnahmen wie Shoei und Nolan bestätigten die Regel. Bei den Ölis waren nur Motul und Liqui Moly am Start, als einziger Reifenanbieter war Bridgestone zur Stelle. Gut, dass wichtige „Zubehör“-Player wie Alphatechnik, 2Ride Germany, Wunderlich, Öhlins, SW-Motech, Wilbers, In & motion, Geiwiz, GS Yuasa oder Ilmberger Carbon in diesem Segment die Flagge hochhielten.
Mit einem wahren Kundenansturm am Samstag und Sonntag signalisierten schließlich auch die Endverbraucher ihr von großer Neugierde getriebenes Interesse am neuen Konzept und schlängelten sich durch die zwei Hallen. Einen Run in diesem Ausmaß hatten die wenigsten Branchenbeobachter auf der Rechnung.
Wie bei solchen Großevents üblicherweise zu erwarten, überwogen hernach in den sozialen Netzwerken leider die Stimmen der Bedenkenträger: 20 Euro Eintritt, 20 Euro Parkgebühren, teures Essen – und das alles für „nur“ zwei Hallen. Generelles Gemeckere, weil wichtige Marken fehlten und es auffiel, dass das kreativ verknappte Raumangebot dann auch noch mit chinesischen und taiwanesischen Unternehmen und Currywurstbuden befüllt wurde. Da spielte es auch keine Rolle, dass der Shuttleservice von den Parkhäusern zur Messe und die Garderobe kostenlos waren und man mit dem Eintrittsticket alle Öffis umsonst nutzen konnte.
Gut frequentiert war etwa die Sonderschau Kick Starter 125ccm. Zentral im Boulevard zwischen den Messehallen gelegen, kamen hier insbesondere Einsteiger auf ihre Kosten. Rund 50 aktuelle 125er-Modelle verschiedener Hersteller waren auf der Fläche zu sehen und weckten Begeisterung für den Einstieg in die Motorradwelt – von E-Rollern über Naked Bikes bis hin zu 125er-Enduros. Unglücklicherweise blieb diese Show unmoderiert, doch immerhin konnten Interessierte vor Ort auf ihrem Wunschbike Probe sitzen und sich von Experten zum Thema Führerschein beraten lassen.
Zudem kümmerte sich die Intermot zusammen mit den Herstellern intensiv um das Thema Rennsport, somit mutierten Meet-and-Greets mit Mechanikern und Rennfahrern zur einzigen „Paddock Show“ außerhalb der Rennsaison. Live-Talks rund um PS, Benzin, Fashion und Abenteuer rundeten das Unterhaltungsangebot ab. Europäische Zweiradprofis zog die 15. Internationale Motorrad-Konferenz des Instituts für Zweiradsicherheit (ifz) an.
Das Fazit: Keine Frage, die gloriosen Zeiten der Intermot sind vorbei – jetzt und in der Zukunft werden kleinere Brötchen gebacken. Dafür sorgt schon die Demografie: Die Fraktion Easy Rider aus der Baby Boomer-Generation wird von Jahr zu Jahr kleiner. Das zarte Pflänzchen neuer Zweiradnachwuchs wird dieses Vakuum nicht zur Gänze füllen können, denn die Chance, dass Köln für Deutschland weiterhin die Leitmesse für die Branche geben kann, bleibt gewahrt. International hat die EICMA der Intermot längst den Rang abgelaufen. Wer die neuesten Modelle und Trends der kommenden Saison noch im alten Jahr live in Köln erleben möchte, sollte auch im nächsten Jahr kommen. Die Reise nach Mailand ist für viele ohnehin unerschwinglich.
Und welche Schlussfolgerungen ziehen die Messemacher selbst? „Deutschland als wichtigster Motorradmarkt in Europa braucht eine starke Leitveranstaltung wie die Intermot. Mit der Neuausrichtung haben wir bewiesen, dass wir die Weichen für die Zukunft richtig gestellt haben“, bilanziert Reiner Brendicke, Hauptgeschäftsführer Industrie-Verband Motorrad (IVM), der ideelle Träger der Intermot.
Ziel der Messe soll es auch künftig sein, die Faszination Motorrad für alle Motorradfans erlebbar zu machen, glaubt Oliver Frese, Geschäftsführer und COO der Koelnmesse GmbH: „Die diesjährige Ausgabe bildet ein Fundament, auf dem wir aufbauen werden. Natürlich gibt es auch noch Potenziale für die Weiterentwicklung – sei es durch zusätzliche Themenbereiche oder eine stärkere Präsenz im Zubehörsegment.“ Ziel müsse sein, bis 2025 mindestens eine weitere Messehalle zu ergänzen. Gemeinsam mit allen Partnern wolle man hier ansetzen, um die Messe für alle Marktteilnehmer noch erfolgreicher zu gestalten.
Der Termin für die nächste „Wintermot“ steht: Sie soll mit weiteren Modifizierungen und Feintuning vom 4. bis 7. Dezember 2025 über die Bühne gehen.
Stephan Maderner