Zurück zum rasenden Reporter, der in der schönen Region unseres westlichen Nachbarn, dem Brabant, unterwegs sein durfte. In s'Hertogenbosch trafen sich Ende September jedenfalls die Vertreter der Bike Experts Europe zu ihrem Vorbereitungs-Workshop für die europäische Berufsolympiade. Die hat sich unter der Bezeichnung „Europacup der Zweiradberufe“ in den vergangenen zwölf Jahren in der Branche einen Namen gemacht. Der Wettkampf der besten Schrauber Europas soll vom 24. bis 26. März 2022 am Koning Willem I College über die Bühne gehen. Um die Organisation des Wettbewerbs kümmert sich der Motorraddozent Ruud Glorius und sein Team.
Ihm zur Seite stehen die Bike Experts Europe aus sieben anderen Nationen. Gegründet wurde diese europäische Initiative vor gut zehn Jahren von Deutschland, der Schweiz und Österreich. Hierzulande war lange Zeit die Landesinnung Zweirad Hessen und die HWK Frankfurt in die Organisation eingebunden. Seit diesem Jahr hat diesen Job der Bundesinnungsverband Deutsches Zweiradhandwerk (kurz: BIV) in Hilden übernommen. In der Schweiz kümmert sich der Branchenverband des Fahrrad- und Motorradhandwerks 2rad Schweiz und in Österreich die Siegfried-Marcus-Berufsschule für Kfz-Technik in Wien um die Belange des Projektes. Peu à peu erweiterte sich der Bike-Experts-Europe-Kreis um die Länder Tschechien (Intergrovaná Skola Brno), Polen und die Niederlande. Dieses Jahr kamen die Dänen als Nummer sieben dazu. Der Wissenstransfer der Community bekommt neuen Schwung.
Jedes Land entsendet mindestens zwei Experten für die Jury, einen für die Fahrrad- und einen für die Motorradaufgaben. Dazu jeweils zwei Kandidaten, in der Regel die Jahrgangsbesten, die entweder in Länderwettbewerben ermittelt werden oder – in Coronazeiten – halt nach den Prüfungsnoten. Die jeweiligen Länderkomitees übernehmen die Reise-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten für die Teilnehmer und die Delegationsmitglieder.
Da liegt der Hase im Pfeffer. Auch, wenn die Länderverantwortlichen eher akribisch auf die Kosten achten und gewiss nicht in Nobelherbergen absteigen, werden da schon Budgets von zweieinhalb bis dreitausend Euro aufwärts benötigt, um eine Nation an den Start zu bringen. Die Crux dabei: Der Organisations- und Professionalisierungsgrad der einzelnen Länder ist höchst unterschiedlich. Den Karren ziehen hauptsächlich Ehrenamtsträger oder Lehrkräfte, die viel eigene Zeit investieren, mit knappen Kassen hantieren müssen oder ihre Teilnahme teils aus eigener Tasche finanzieren.
Einzig und allein die Schweiz kann im Kreis der Zweiradprofis auf wirklich professionelle Strukturen blicken. Der Verband 2rad Schweiz ist solide finanziert. Alle Unternehmer, die in irgendeiner Weise Fahrrad- und Motorradwerkstätten betreiben, unterstehen automatisch dem sogenannten Berufsbildungsfonds und sind ergo zahlungspflichtig. Schließlich profitieren sie von den super ausgebildeten Fachkräften, die ihnen die Handwerkslobby frei Haus liefert. Die Kosten der Europacup-Teilnahme für die externen Jury-Experten und Kandidaten können großzügig übernommen werden. So geht professionelle Lobbyarbeit. Von den Schweizern lernen heißt siegen lernen!
Wie ist Ihre Meinung dazu? Braucht unser deutsches Zweiradhandwerk, dessen Fundamente stark auf ehrenamtlichen Strukturen ruhen, in Zukunft professionellere Strukturen und eine andere Art der Finanzierung? Oder, um es in Anlehnung eines großen Wortes von Bundeskanzler Willy Brandt von 1969 zu erinnern: Soll das Zweiradhandwerk mehr Professionalität wagen? Schreiben Sie mir gerne wie immer Ihre Meinung an maderner@syburger.de.