Connected Motorcycle Consortium (CMC) – Use-Case-Szenario für ADAS

Auf Motorradfahrer abgestimmt

CMC veröffentlicht Anwendungs-Spezifikationen für Fahrerassistenzsysteme

Auf Basis systematischer Unfallanalysen hat das Connected Motorcycle Consortium (CMC) Empfehlungen entwickelt, wie fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme (ADAS) in konkreten Szenarien agieren sollten. Dabei wurde die besondere Dynamik von Motorrädern berücksichtigt.

Das Connected Motorcycle Consortium (CMC), ein Zusammenschluss aus Motorradherstellern, Automotive-Zulieferern und Forschungseinrichtungen, hat sich zum Ziel gesetzt, durch gezielte Forschung dazu beizutragen, dass motorisierte Zweiräder im vernetzten Verkehr der Zukunft optimal repräsentiert werden – im Sinne maximaler Sicherheit für die Motorradfahrer.

Strukturierte Unfallinformationen in der GIDAS-Datenbank

Neben umfangreichen Simulationen ist auch die Auswertung systematischer Unfallanalysen, wie sie beispielsweise durch das Projekt GIDAS (German in-depth accident study) erhoben werden, eine wichtige Säule der Forschung. Die strukturierten Daten von Verkehrsunfällen, die bis zu 3500 Einzelinformationen pro Ereignis umfassen können, erlauben eine vertiefte Analyse des Unfallgeschehens und häufig auch die Herleitung der Ursachen.

Der Fokus des CMC liegt dabei naturgemäß auf Unfällen, an denen motorisierte Zweiräder beteiligt waren. Die Forscher versuchen, bauart- und fahrdynamikbedingte Parameter zu identifizieren, die regelhaft zu gefährlichen Situationen führen.

Anwendungs-Spezifikationen für konkrete Szenarien

Diese Erkenntnisse sollen in Spezifikationen für fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme (ADAS) sowie für Technologien für kooperative intelligente Verkehrssysteme (C-ITS) einfließen. Nach der Veröffentlichung der »Basic Specification 1.0« hat das Connected Motorcycle Consortium nun die konkreteren »Use Case Specifications« für zwei typische Szenarien, in denen es häufig zu Unfällen unter Beteiligung motorisierter Zweiradfahrer kommt, herausgegeben: Kreuzender Verkehr und Linksabbiegen.

Time-To-Collision (TTC)

Die entscheidende Größe, bei der Entscheidung, ob ein ADAS in einer kritischen Situation die Verkehrsteilnehmer benachrichtigt, warnt oder selbständig eingreift, ist die Zeit bis zur vorberechneten Kollision – die Time-To-Collision (TTC). Je nachdem, ob die Fahrer noch genügend Zeit für eine selbständige Reaktion haben, sollte nach den Empfehlungen des CMC die eine oder andere Möglichkeit präferiert werden.

Szenario »Kreuzender Verkehr«: Warnung reicht aus

Bei Unfalltypen des »kreuzenden Verkehrs« liegt gemäß der GIDAS-Datenbank ein Konflikt zwischen einem wartepflichtigen Verkehrsteilnehmer (Teilnehmer A) und einem vorfahrtsberechtigten Verkehrsteilnehmer (Teilnehmer B) zugrunde. Dieses Szenario kann an Kreuzungen sowie an Einmündungen von Straßen, Feld- oder Radwegen, an Bahnübergängen sowie an Grundstücksausfahrten oder Parkplätzen auftreten.

Idealerweise sollte Teilnehmer A eine Benachrichtigung über Teilnehmer B erhalten. In 62 Prozent der untersuchten Fälle ist eine TTC-Berechnung früher als TTC = 2,6 Sekunden möglich und gibt Teilnehmer A Zeit, abzubremsen und Teilnehmer B passieren zu lassen. Würde Teilnehmer A dennoch beschleunigen, würde ein aktives Eingreifen in Kombination mit einer frühestmöglichen Warnung die Situation entschärfen.

Szenario »Linksabbieger«: Aktiver Eingriff erforderlich

Das Szenario »Linksabbieger« beschreibt eine Situation mit zwei oder mehr Verkehrsteilnehmern im Gegenverkehr, von denen einer die Absicht hat, nach links abzubiegen.

Derjenige, der abbiegen will, schätzt möglicherweise die Geschwindigkeit und den Abstand des geradeaus fahrenden, entgegenkommenden Fahrzeugs falsch ein oder erkennt es gar nicht.

Das links abbiegende Fahrzeug als Hauptunfallverursacher wird angesprochen. Gemäß der GIDAS-Daten beträgt die mittlere Differenzgeschwindigkeit zwischen den beiden beteiligten Fahrzeugen 92 km/h. Außerdem war in 50 Prozent aller untersuchten Fälle eine TTC-Berechnung nicht früher als TTC = 1,5 Sekunden möglich. Unter diesen Randbedingungen hätte ein aktives Eingreifen den höchsten zu erwartenden Sicherheitsgewinn, gefolgt von einer Warnung mit dem Ziel, das Situationsbewusstsein des Fahrers zu erhöhen und das Abbiegen zu unterlassen.

Eine beratende Benachrichtigung würde den Unfall aufgrund der begrenzten Zeit, die sich aus der Unfallkonfiguration ergibt, wahrscheinlich nicht verhindern. 

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